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Veröffentlicht am: Allgemein

Risikobewusstes Versichern

Das Thema Versicherung, insbesondere in industriellen Betriebseinrichtungen, verschärft sich mehr und mehr für viele Industriebetriebe aufgrund zurückhaltender Zeichnungspolitik der Erst- und Rückversicherer.

Dabei ist eine Prämiensteigerung nur der wirtschaftlich unangenehme Teil, es werden jedoch auch Deckungsumfänge deutlich zurückgenommen. Am Ende bedeutet dies für den Risiko-Owner: Selbst ist der „Industriebetrieb“.

Gerade in diesen Zeiten ist es umso wichtiger, sich mit dem Thema Risikomanagement auseinanderzusetzen. Denn es verbleibt deutlich mehr Risikopotenzial im Unternehmen, das nicht mehr oder nicht mehr ausreichend abgedeckt ist. Interne Risikosteuerung heißt deshalb die Devise. Dazu ist jedoch eine Vielzahl an Vorarbeiten erforderlich, um nicht überteuerte oder falsche Investitionen für Steuerungsmaßnahmen zu tätigen.

Schwarze Schafe gefährden Zeichnungsbereitschaft – falsche Beratung gefährdet Versicherbarkeit
Aber was sind eigentlich die Hintergründe dieses Umstandes und warum ist es soweit gekommen? Versicherungsgesellschaften versichern unzählige Betriebe in deren Portfolios und wenden damit einen Blick aus der Vogelperspektive an. Einzelne Bedürfnisse oder gar Wünsche können nur sehr bedingt berücksichtigt werden, es gilt das Gesetz der großen Zahlen. Sorgen in einer Branche schwarze Schafe für einen hohen Gesamtschaden, so wird die gesamte Branche mit Verhärtungen, reduzierter Zeichnungsbereitschaft und erhöhten Prämien konfrontiert.

Anders sieht die Situation aus Sicht eines einzelnen Industriebetriebes aus. Dieser kann nur das eigene Risiko wahrnehmen und hat keine Möglichkeiten, das große Ganze zu betrachten. Nach bestem Wissen und Gewissen wird jeder Betrieb die notwendigen Maßnahmen zum Schutz seines Eigentumes wahrnehmen, häufig auch mithilfe externer Beratung. Die Wahl des richtigen Experten mit Weitblick ist dabei besonders wichtig. Fehlberatungen aufgrund mangelnder Berücksichtigung aller Stakeholder können langfristige Schäden und hohe Investitionen zur Risikoanpassung erfordern. Folglich fehlen dann Versicherungskapazitäten oder sind schlicht viel zu teuer.

Aus Sicht des Versicherers bedeutet dies: Unternehmen mit hoher Schadenfrequenz sind nicht gerne gesehen, Unternehmen mit hohen Einzelschäden ebenso wenig. Dies stört das Gesamtgefüge und führt zu volatilen Schadenzahlen, welche nicht im Voraus abgeschätzt werden können. Vergleichen wir Industrie- mit Gewerbebetrieben:

Jede Branche hat andere Risiken
Österreich zählt rund 5.500 Industriebetriebe und etwa 10 relevante Versicherer, Gewerbebetriebe gibt es 350.000 und rund 50 relevante Versicherer. Schäden in der Industrie erreichen gerne den Millionenbereich, im Gewerbe hingegen sind Schadenssummen über einer Million Euro die Ausnahme. Nimmt man an, dass alle Versicherer sich das Portfolio gleichermaßen aufteilen, dann kommen im Industriebereich 550 Betriebe auf einen Versicherer, im Gewerbe 7.000. Die Risikostreuung ist damit im Gewerbebereich deutlich größer und die Abschätzbarkeit der erwarteten Schäden für das kommende Jahr einfacher.

Grafik Feuer Gewerbe vs. Industrie Schadenschwankung aus den vergangenen 10 Jahren (Quelle OÖBV)

Grafik Verhältnis Gewerbebetriebe zu Industrie für Versicherer

Die Konsequenz: Aufgrund der hohen Neigung zur Volatilität industrieller Schadenereignisse versuchen Versicherer mit allen Mitteln, die Abschätzbarkeit für die kommenden Jahre zu verbessern, zum Leidwesen der Betriebe.

Kontrollierte Eigenrisikoübernahme mit gezielter Versicherungspolitik kombinieren
Die Ausgangssituation wird sich nicht ändern, weil kaum ein paar tausend weitere Industriebetriebe schnell auf der Landkarte erscheinen werden, um dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Daher blieben nur ein paar wenige Möglichkeiten. Hier zwei Beispiele: Der alternative Risikotransfer (Captive) oder das Teilen des eigenen Risikoportfolios in quantifizierbare Größen. Alle Maßnahmen haben eines gemeinsam: Eigenrisikoübernahme! Diese Eigenrisikoübernahme muss aus Sicht des Unternehmens aber in einem tragbaren Ausmaß gestaltet werden. Ein Unternehmer muss sich die Frage stellen, wie viel Risiko er sich leisten kann. Und dazu ist eine umfangreiche Risikoanalyse zugeschnitten auf den jeweiligen Betrieb erforderlich, aus welcher das eigene Risikopotenzial in einer messbaren Größe abgelesen werden kann. Nur damit ist es im Weiteren auch möglich, Risiken gezielt zu steuern und selbst zu entscheiden, welches Risikopotenzial übernommen, transferiert, minimiert oder eliminiert werden kann oder soll. Experten sollten dabei die Stakeholder Versicherung, Behörden, Risikomanagement und Kunden langfristig im Überblick haben.

Wirtschaftliche Risikosteuerung durch genaue individuelle Risikoanalyse
Die Steuerung der betriebseigenen Risken kann nur auf wirtschaftlicher Ebene geschehen, wenn eine genaue Landkarte der Risikopotenziale vorliegt, aus welcher klar hervorgeht, was wie gefährlich ist und welche konkreten finanziellen Folgen jeder mögliche Schadensfall haben könnte. Verglichen mit einem Bestellkatalog, aus dem ausgewählt werden kann – individuell, nach eigenen Wünschen und persönlichem Geschmack. Dieser Katalog muss die Wahrscheinlichkeiten, die Tragweite und die Kosten der unterschiedlichen Mitigationsmaßnahmen sowie die Bedürfnisse interner und externer Stakeholder ausweisen, dann kann eine zielgerichtete Steuerung auf wirtschaftlich effektiver Ebene angewendet werden, die langfristig für Zufriedenheit sorgt.

Bin ich dann sicher?
Naja, das zu beantworten, ist sicher nicht einfach – aber: Ja, sicherer ist man in jedem Fall, weil man weiß, was auf einen zukommen kann sowie was es kosten kann und wird. So lässt es sich genau kalkulieren, ganz nach dem Geschmack des eigenen „Risikoappetits“ und nach der individuellen Risikotoleranz. Verabsäumt man jedoch diese Maßnahmen, wird es kaum möglich sein, sich am gegenwärtigen Versicherungsmarkt zu orientieren. Und im Schadensfall ist es zu spät, um nach dem rettenden Strohhalm zu greifen, der im Zweifelsfall dann auch nicht da sein wird.

Eines ist sicher: Vorbereitung ist die halbe Miete, risikogesteuerte Vorbereitung schon 70 Prozent! Nutzen Sie die gegenwärtige Situation zu Ihrem Vorteil und holen Sie eventuelle Versäumnisse nach. Sie wirken gestärkt und optimiert deutlich besser und attraktiver auf einen Versicherungsmarkt, der gegenwärtig sehr wählerisch in der Partnersuche ist!